In meinem letzten Beitrag hatte ich ja über das Deutsche Korbmuseum in Michelau i. OFr. berichtet. In unmittelbarer Nähe liegt der kleine Ort Neuensee, die damalige Hochburg der Klopfermacher.
„Um 1830 soll sich in Neuensee das Flechten von Teppich- und Möbelklopfer eingebürgert haben. 1909 lebten in Neuensee und in Lichtenfels über 50 Familien von der Klopfermacherei, die sonst nirgends in der Umgebung betrieben wurde.
Die Klopfermacher verarbeiteten das sogenannte Klopferrohr, eine 4 bis 7 mm starke Rattanart. Vor dem Flechten muss das Material eingeweicht werden. Bis 1948 stellten die Klopfermacher ihre Rohbunde zu diesem Zweck in den See, von dem das Dorf den Namen hat.“
Bei der Bildbearbeitung musste ich leider feststellen, dass der Text nur sehr schwer zu lesen ist. Daher habe ich mich entschlossen, diesen hier abzuschreiben und dadurch lesbar zu machen, da ich ihn äußerst interessant finde.
„Neuensee ist etwas Besonderes
Es ist das Klopermacher-Dorf, oder eigentlich: es war das Klopfermacher-Dorf. Von etwa 1830 bis in die 1980er Jahre gingen die „Patschen“, wie sie von den Neuenseern genannt wurden, in alle Welt. Kein anders Dorf in der Korbmacher- und Flechtregion um Lichtenfels und Michelau hatte diese Spezialität. In Neuensee hingegen wurden fast in jedem Haus Klopfer geflochten.
So einfach und unscheinbar die Arbeit der Klopfermacher erschien, so sehr erforderte sie Zähigkeit, langjährige Übung, Erfahrung über Arbeitsvorteile und besondere Kenntnisse in der Werkstoffbehandlung, sowie vor allem in der Handfertigkeit des eigentlichen Flechtens der Knoten und das Drehen der Stiele. (Christoph Will in der Ortchronik von Neuensee, 1978)
Heute, 30 Jahre nachdem die letzten erwerbsmäßig hergestellten Patschen Neuensee verließen, ist die Fertigung fast verschwunden. Warum sich gerade die Neuenseer auf die Herstellung der Klopfer spezialisierten, ist nicht ganz klar. Sicher trug die Lage am See dazu bei. Denn dort wurden bis kurz nach dem 2. Weltkrieg die Rohbunde vor der Verarbeitung eingeweicht. Im Zuge der Wasserleitung bauten sich die Klopfermacher in ihren Anwesen eigene Basins. Die Namen der bekannten Klopfermacher-Familien lauteten: Dünkel, Ritzel, Hofmann, Pfadenhauer und Nagel. Das Rohmaterial, genannt Klopferrohe, stammte aus Südostasien. Die sehr zähe, biegsame Roten-Art wurde in Rohrbunden angeliefert und vor der Verarbeitung mindestens 2 Tage eingeweicht.
Die alten Klopfmacher berichten von etwa 22 verschiedenen Knotenformen, die in jeweils 4 gebrauchsüblichen Längen gefertigt wurden. Für jedes einzelne Muster gab es eine hölzerne Form als Hilfsmittel, damit die Knöten gleichmäßig wurden. Insgesamt wurden so ca. 130 verschiedene Teppich- und Polsterklopfer gestaltet. Die Formend Macharten hatten alle einen Namen, manche nach ihrem Aussehen (Traube, Kleeblatt, Sonne, Doppelacht usw.) oder nach ihrem „Erfinder“ (Gagel, Dünkel, Wiener).
Die Klopfer wurden im Dutzend gebündelt. Ein Klopfermacher schaffte eine Tagesleistung von bis zu 10 Dutzend, also 120 Stück. Die Klopferpäcke wurde mit Pferde- oder Kuhgespann nach Lichtenfels zum Groß- und Ausfuhrhandel gefahren. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Patschen in Ermangelung anderer Transportmittel mit dem Fahrrad (120 Stück auf einmal!) nach Coburg gebracht. Später holten die Großhändler die Klopfer direkt in Neuensee ab.


Ich hoffe euch haben meine Beiträge gefallen und solltet ihr mal in der Nähe von Lichtenfels sein, schaut mal beim Deutschen Korbmuseum und in Neuensee vorbei, ein Besuch der sich sicherlich lohnt.
Zum Abschluss meiner Beiträge über das Deutsche Korbmuseum und die Klopfermacher von Neuensee möchte ich euch noch ein Bild zeigen, das mich gestern Abend noch erreichte. Es zeigt unseren Teppichklopfer, der sicherlich schon 60 Jahre alt ist und seinen Ruhestand bei meiner Schwester genießt.

Kategorien:Bauwerke, Dies und Das, Fotografie

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Hab mich jetzt erstmal erkundigt wo genau dieses Neuensee liegt, Roland und ist eigentlich auch von uns aus garnicht so weit weg. Offensichtlich auch unbedingt einen Besuch dort wert und mal sehen ob oder wann ich es schaffe, mir nicht nur das schöne Museum dort selbst mal anzuschauen. 😊
Den Teppichklopfer deiner Schwester könnte deine liebe Yulika, soweit ich ihr künstlerisches Talent kenne, ganz bestimmt als hübsche Deko umgestalten und ihn so als tollen Blickfang wieder neu zum Leben erwecken. 😉
Liebe Grüße, Hanne
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Also, ich kann einen Besuch nur empfehlen, liebe Hanne und es ist wirklich nicht all zu weit entfernt. Auf dem Rückweg in Bad Staffelstein noch eine kleine Pause bei Kaffee und Kuchen eingelegt, wird es sicherlich ein schöner Ausflug.
Das mit dem Teppichklopfer, werde ich mal an Yulika weitergeben 😉
Liebe Grüße, Roland
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In Bad Staffelstein war ich or einigen Jahren nach einer Knie-OP zur Reha, lieber Roland und nur sehr gute Erinnerungen daran.
Liebs Grüßle, auch an Yulika und hab noch einen schönen entspannten Abend 🤗🍀✨
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Vielen Dank liebe Hanne. Auch für dich einen schönen, entspannten Abend und liebe Grüße, Roland & Yulika 🤗☘️💐
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Schöner Artikel, ich liebe solche Geschichten, die man ja erst mal ausgraben muss, wenn man nicht in der Gegend wohnt.
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Vielen lieben Dank. Wenn ich nicht zufällig diese Sendung gesehen hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen , dass es dieses Museum und das Klopfermacherdorf in Oberfranken gibt.
Liebe Grüße, Roland
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Ich hab auch noch einen hängen.
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Schön zu lesen.
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Wunderbar, deine Infos. Bei uns gibt es auch noch einen Teppichklopfer (seit ich denken kann) und ich werde ihn jetzt erst recht in Ehren halten. Aber manchmal benutze ich ihn auch noch, um den Hundeteppich auszuklopfen.
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Vielen Dank, freut mich, dass dir mein Beitrag gefallen hat und schön, dass deiner teilweise noch zum Einsatz kommt.
Liebe Grüße, Roland
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Vielen Dank für’s Nachlegen von Infos. Ich schliesse mich beim Wiedererkennen der Form dem Kommentar vom Wortman an: diese Form ist mir auch vertraut, die Farbe allerdings gar nicht, ich kannte in der Kindheit ausschliesslich die aus hellem Flechtwerk. Und jetzt, nach deinem so interessant bebilderten Bericht, tut es mir leid, dass ich den Klopfer meiner Eltern weggeworfen habe.
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Gern geschehen. Bei der Form handelt es sich wohl um die weit verbreitete Standart-Form und bei der Farbe war ich mir auch nicht mehr so sicher. Irgendwie hatte ich ihn heller in Erinnerung. Aber ich kann mich natürlich auch täuschen.
Liebe Grüße, Roland
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Vielleicht gab es ja mehr als einen? Die waren enorm haltbar und sind bestimmt manchmal von den Grosseltern auch noch einmal hinzugekommen.
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Euer Teppichklopfer sieht aus wie neu. Qualitätshandwerk halt. – Ich glaube, das ist jetzt schon an die dreißig Jahre her, dass ich einen Teppichklopfer in Aktion gesehen habe. Die beiden netten alten Damen, die über mir wohnten, haben ihre Teppiche auf diese Weise immer im Hinterhof gereinigt. Damals hat es dort auch noch eine Teppichstange gegeben.
Danke, dass du dir diese Mühe gemacht hast, uns dieses in Vergessenheit geratene Handwerk und Haushaltswerkzeug näher zu bringen.
Liebe Grüße!
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Gern geschehen, liebe Martha. Auch für mich war es eine schöne Reise in die Vergangenheit.
Liebe Grüße, Roland
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Der Ruhestandsklopfer ist wohl die Standardversion. Die Pflechtart hatten wir und unsere Nachbarn auch damals.
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Ja, denke ich auch.
Liebe Grüße, Roland
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🙂 🙂
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